LIGHTEN MINE EYES

7. August, 17 Uhr, Theatersaal des Vinzentinums, Brixen
Moderiertes Werkstattkonzert – Zeitgenössische Werke für Schlagzeugquartett und Chor

Bo Hansson: Lighten mine eyes für Chor a cappella
Morten Lauridsen: O nata lux für Chor a cappella aus Lux Aeterna
Louis Andriessen: Workers Union. For any loud-sounding group of instruments (Bearb. Phillip Kolb) für Chor und Schlagwerk
Charlotte Seither: hungy für Schlagquartett
Kompositionsstipendiaten der Studienstiftung des deutschen Volkes: Uraufführungen für Schlagzeugquartett
sowie Werke von John Cage, Giacinto Scelsi u.a.

Schlagzeugquartett der Musikakademie der Studienstiftung des deutschen Volkes
Chor der Musikakademie der Studienstiftung des deutschen Volkes

Jochen Schorer, Solo und Leitung (Schlagwerk)
Dr. Charlotte Seither, Leitung des Kompositionskurses
Jörn Hinnerk Andresen, Chorleitung


 

WARUM IST DAS LICHT GEGEBEN?

8. August, 18 Uhr, Dom zu Brixen
9. August, 19 Uhr, Herkulessaal der Residenz, München

Johannes Brahms: Motette op. 74, Nr 1: Warum ist das Licht gegeben? für Chor a capella
Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 9 in d-Moll
Anton Bruckner: Te deum für Chor und Orchester

Mechthild Bach, Sopran
Ruth-Maria Nicolay, Alt
Endrik Wottrich, Tenor
Jörg Hempel, Bass

Chor und Orchester der Musikakademie der Studienstiftung des deutschen Volkes

Jörn Hinnerk Andresen, Chorleitung
Martin Wettges, Dirigent

 

 
Alles beginnt mit dem einen Wort: Warum? Es ist die ungeheure Frage nach dem Sinn der Existenz, das Paradox der Theodizee, die Urfrage des Menschen: Warum sind wir? Warum gibt es Leid? Warum kann man hoffen? Ohne Vorspiel, ohne Puls und Bewegung, wie einen Aufschrei aus dem Nichts wirft Johannes Brahms am Beginn der berühmten Motette, seiner, wie er sagte, »kleinen Abhandlung über das große Warum«, diese Frage in den Raum.
Und damit ist zugleich klar: Wenn es eine Antwort auf diesen verzweifelten Urlaut der conditio humana geben sollte, so lässt sie sich niemals befriedigend in Worten formulieren. Keine menschliche Sprache reicht dafür hin.
Wohl aber die Musik. Die Werke der Musikakademie 2015 zerren uns in die Niederungen und das Dunkel des Daseins – um schließlich eine umso gleißendere Vision von Befreiung und Licht zu singen.
Bruckner hat die Schwelle des Lebens bereits erreicht, als er seine Neunte schreibt, die er schließlich unvollendet hinterlassen muss. Dieses opus summum, an dem er der Legende nach bis an seinen letzten Tag gearbeitet haben soll, ist ein Kraftakt der Überwindung: Nochmals dringlicher ist ihm das Warum?, und so wühlt er sich mit größter Vehemenz durch die Düsternis des Irdischen, unaufhaltsam hin zu seinem erklärten Ziel – der Vision absoluter Vollkommenheit.
Daher darf die Symphonie gerade nicht mit dem Adagio, dem dritten Satz, laut Bruckner dem »Abschied vom Leben«, im Nichts verenden. Die Tatsache, dass der Komponist den geplanten Finalsatz nur mehr skizzieren konnte, hat das Werk im Laufe der Konzerttradition mit einer nachgerade mystisch-romantisierenden Aura des Abbrechens und Verstummens umwölkt – nichts lag dem todkranken Bruckner ferner. Mehrfach hat er bekräftigt: »Sollte ich vor der Vollendung der Symphonie sterben, so muss mein Te Deum dann als 4. Satz dieser Symphonie verwendet werden. Ich habe es schon so bestimmt und eingerichtet.«
Und so wird das Konzert in dieser großen Vision des Transzendenten, im unbegrenzten Jubel des Te Deum seine Antwort auf das Warum? finden. Seit Jahrhunderten ist der ambrosianische Hymnus aus dem achten Jahrhundert, der bei Bruckner seine vielleicht monumentalste Vertonung gefunden hat, zum Inbegriff geworden für dieses Eine – das, was die große Frage am Anfang suchte, die große menschlich-übermenschliche Antwort jenseits aller Philosophie.


 

Download: Programmheft 2015